Unseren ersten Tag in Oslo widmen wir dem Munch-Museum. Ob es sich hier wirklich um das größte Einzelmuseum der Welt handelt, kann ich nicht beurteilen, sicher ist jedoch, dass es sich um ein sehr großes Museum mit 12 Stockwerken handelt, mit einem Eingangsbereich in der Größe eines kleineren Flughafenterminals.
Ähnlich wie am Flughafen verhält es sich bei Munch auch mit der Sicherheit. Auf der Homepage finden sich relativ strikte Richtlinien, was mitgebracht werden kann, und bevor man in den Bereich der Ausstellungsräume darf, die ihrerseits hermetisch abriegelbare Hochsicherheitstrakte zu sein scheinen, werden natürlich auch die Taschen kontrolliert.
Edvard Munch selbst, von dem viele wohl nur den „Schrei“ (Originaltitel tatsächlich deutsch „Geschrei“) kennen, kommt zumindest bei mir eher gemischt rüber. Unangenehme Esoterik von Sonne und Kosmos über die merkwürdige „Kristallisationstheorie“ und Freikörperkultur bis hin zum milde verstörenden Alpha- und Omega-Zyklus steht einem unglaublich düsteren Werk aus Depression, Angst und Psychose gegenüber.
Der „Schrei“ als wohl unbestrittener Höhepunkt des Museums, wird in einer Rotation von 3 Versionen ausgestellt, offiziell um die empfindlichen Exponate vor Lichteinfall zu schützen. Wird die robuste Lithografie endlich durch das Gemälde ersetzt, bildet sich ein gänzlich unkultiviertes Gedränge, aber mit etwas Geduld haben wir es tatsächlich ganz nach vorne geschafft.
In den oberen Stockwerken schließt eine Ausstellung mit Werken anderer Künstler an, in denen Parallelen zu Munchs Werk zu erkennen sind. Besonders gut gefallen hat mir hier „Melkeveien / The Milky Way“ von Rolf Nesch, das sich mit seinem dreidimensionalen Materialmix jedem Versuch entzieht, sinnvolle Fotos davon zu machen.
Am nächsten Tag fahren wir rüber auf die Museumsinsel Bygdøy. Sehr sprechend benannt sind hier im Frammuseum das Forschungsschiff Fram und im Kon-Tiki-Museum das Floß Kon-Tiki ausgestellt.
Die Geschichte der Polarexpeditionen war bisher nicht meins und wird es vermutlich auch nicht, aber es gäbe hier wirklich eine Menge an Informationen aufzusaugen, wer wie lange im Packeis überwintert hat, wohin getrieben wurde, und welche Folgeexpedition auf welchen Erfahrungen anderer Expeditionen wie aufgebaut hat.
In Erinnerung ist mir zumindest geblieben, dass Fridtjof Nansen geglaubt hatte, es würden sich schon reichlich kompetente Bewerber für die Teilnahme an der Expedition finden. Stattdessen bekam er neben tausenden Bewerbungen unqualifizierter Glücksritter nur die eines jungen Arztes frisch von der Universität und eines Reserveoffiziers, die dann auch tatsächlich Teil der Mannschaft wurden.
Einigermaßen faszinierend: Die Fram hatte nicht nur eine Dampfmaschine (auf der zweiten Expedition dann einen Diesel) an Bord, sondern auch ein batteriegepuffertes Stromnetz (das mit der Batterie entnehme ich zumindest den Beschriftungen der Schalttafel), das in der Zeit im Packeis von einem am Mast angebrachten Windgenerator betrieben wurde. Das alles am Ende des 19. Jahrhunderts.
Gleich gegenüber begrüßt einen das Kon-Tiki-Museum fast schon in der Jetztzeit, denn erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts fuhr der Anarcho-Anthropologe Thor Heyerdahl mit seinen selbstgebauten Booten über die Ozeane, hatte als Backup-Verpflegung Fresspakete der US-Army dabei und die Welt hörte seinen Kurzwellen-Funkverkehr mit.
Etwas später stehen wir in der Innenstadt vor dem Dach der Oper und sind enttäuscht. Dass die schiefe Ebene mit dem Rollstuhl kein Kinderspiel sein würde, war im Bereich des erwarteten, aber dass es keinerlei Handreichung gibt, um ohne vorausgehende Erkundung die Serpentinen auf dem Dach erkennen und befahren zu können, ist enttäuschend. So sitzen dann auch gleich mehrere handbetriebene Rollstuhlfahrer am Fuß des Dachs und warten darauf, dass ihre Reisebegleitung von oben zurückkommt.
Dieser Blogpost ist Teil einer kleinen Reihe über unsere Reise nach Norwegen 2024: