Teil 5: Heimreise und Epilog Norwegen 2024

Nach einem Ruhetag mit Einkaufen und Kofferpacken machen wir uns morgens um vier auf den Weg zur FRÜHEN Fähre in Larvik. Gegen Mittag sind wir in Dänemark und haben nun lediglich eine kleine Etappe von knapp 1000 km vor uns.

Um 13:00 laden wir bei Ionity Nørager, um 16:00 bei E-On Aabenraa, um 20:30 nach einem wirklich mörderischen Stint von 400 km bei Ionity Harz West, und kommen schließlich um 23:00 zuhause an.

Danke fürs mitreisen!


Epilog

Uns haben in der Großstadt leider die Gänsehautmomente gefehlt, in denen man merkt, was sich hier gerade für eine gewaltige Landschaft vor dem Auge ausbreitet. Riesige Betonburgen gibts schließlich woanders auch; so sieht die Dronning Eufemias Gate zwischen Hauptbahnhof und Oper einfach lupenrein so aus, wie die grauenhafte Wegwerfarchitektur, die neulich in Frankfurt Gateway Gardens aus dem Boden gestampft wurde.

Allen, die tatsächlich mit dem Auto nur eine norwegische Großstadt anfahren wollen, würden wir eher Bergen empfehlen als Oslo, mit dem spektakulären landesinneren Weg von Kristiansand übers Haukelifjell, und den Mini-Fjordkreuzfahrten auf der Küstenroute.

Wie wars mit dem Elektroauto?

Trotz des ganzen Preischaos haben wir mit Ionity-Subskription äußerst günstig für 0,39 EUR in Deutschland und 2 DKK in Dänemark laden können. Vor Ort haben wir während des Abendessens an Eviny für 5 NOK geladen, da Ionity Oslo (3 NOK) äußerst gruselig zwischen der Rückseite irgendeines Businesskomplex und der Autobahn liegt, wo man nicht tot überm Zaun hängen will.

Der Kia EV6 lädt mit seinem 800-Volt-System gerade an den dedizierten Ionity-Ladern immer noch und immer wieder unentspannt schnell. Man kommt zwar in Ruhe aufs WC, aber der Versuch, einen Kaffee zu trinken, endet in Hektik, bei der man die heiße Brühe eilig runterkippt.

Nicht allzu beeindruckend war diesmal die Ladeplanung des Kia, die nach 13 Monaten Nichtbenutzung anscheinend komplett unkalibriert war und bei stabilen 250 km Restreichweite die Akkukonditionierung aktiviert und hektische Umleitungen zu irgendwelchen Lademöglichkeiten auf Dörfern abseits der Autobahn gesucht hat. Auf der gut bekannten Strecke kann man im Kopf planen, aber vorzeigbar war das, was Kia hier abliefern wollte, absolut nicht. Wer sich über diese Gaga-Anweisungen nicht selbstbewusst hinwegsetzt, wird hinterher wenig gutes zu erzählen haben.

Hat sich die Fähre bewährt?

Wir haben die Fähre von und nach Larvik genommen, um am Rand der recht langen Festland-Etappe nochmal 4 Stunden Ruhepause zu haben. Das ist im Prinzip ein tragfähiges Konzept, wenn man sich in der Lage sieht, auf die riesige Entfernung den Fährhafen punktgenau anzufahren.

Bis zur Ferienwohnung hatten wir eine Fahrstrecke von ca. 1100 Kilometern. Auf der Fehmarnroute über Malmö wären es 300 Kilometer mehr gewesen und dabei wären immer noch Kosten für die Beltfähre (2022 waren auch das lässige 130 Euro pro Fahrt) und die Öresundbrücke angefallen.

Letztes Jahr auf der MS Bergensfjord von Kristiansand nach Hirtshals war das noch ein wenig ein Problem, aber ich habe dieses Jahr gelernt, dass man klipp und klar benennen muss, dass ein Rollstuhl im Auto ist und sicherstellen muss, dass das auch verstanden wurde, indem man es jedem Einweiser auf der Fähre nochmal extra erzählt, dann bekommt man auch einen geräumigen Stellplatz direkt am Aufzug der Fähre.

Wie wars mit dem Auto in Oslo?

Oslo ist nicht annähernd so autofeindlich, wie manche es schlechtreden. Die Autobahn führt unterirdisch mit unterirdischen Ausfahrten mitten durch die Stadt, geräumige und moderne Parkhäuser sind in rauhen Mengen vorhanden.

Katastrophal wird es leider bei den Parkgebühren, denn 60 Kronen pro halbe Stunde sind der Wert, an dem man sich orientieren muss. In meiner Easypark-Historie für Bergen finde ich keinen Parkhausaufenthalt, der mehr als 100 Kronen gekostet hat, während 500 Kronen in Oslo an einem halben Nachmittag wie nix zusammenkommen.

Freut euch, wenn ihr zwei gesunde Füße habt und keinen Rollstuhl mitschleppen müsst, und fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln rein.


Dieser Blogpost ist Teil einer kleinen Reihe über unsere Reise nach Norwegen 2024:

  1. Vorbereitung, Anreise und Ankommen
  2. Schreie und Schiffe
  3. Skisprung und Schloss
  4. Peace is Power
  5. Heimreise und Epilog

Teil 4: Peace is Power

Es ist immer noch Ende Juli, und es ist wieder einer dieser miesen Regentage. Erst spät machen wir uns auf den Weg zum Nobel Peace Center am Rathausplatz im Schatten des Nationalmuseums.

Das absolut erschütternde hier im Peace Center ist, dass die zentralen Themen tatsächlich Knast, Folter, Vergewaltigung und Verschleppung sind. Repressive Systeme nehmen sich die Verleihung des Preises an ihre Kritiker dabei ganz besonders zu Herzen. So wurde Narges Mohammadi, die Preisträgerin 2023, erst im Juni 2024 zu einer erneuten Haftstrafe im Iran verurteilt.

Im Obergeschoss beeindruckt uns die Ausstellung „Peace is Power“ von Yoko Ono. Ihre Schachinstallation „Play it by trust“ (original aus dem Jahr 1966), bei der alle Figuren und Felder die selbe Farbe haben („for as long as you can remember where your pieces are“), kann man schnell übersehen, dabei handelt es sich um ein wirklich geniales Konzept mit einfachsten Mitteln.

Ebenfalls im Obergeschoss versteckt sich auch das einzige historische Exponat des Peace Center: Die Medaille des 1921 an den Norweger Christian Lous Lange verliehenen Friedensnobelpreises.

Nicht jede Entscheidung altert perfekt. Das geht einem selbst so, und das geht dem Nobel-Komitee ähnlich. Ein Vorschusspreis für den zahnlosen Barack Obama hier, ein Preis für eine EU, die Flüchtlinge auf hoher See absaufen lässt, dort. Und dennoch verlässt man das Peace Center, und insbesondere die Ausstellung über die aktuelle Preisträgerin, mit dem Eindruck, dass der Preis den Finger in Wunden legt, die den Unterdrückern besonders weh tun.


Dieser Blogpost ist Teil einer kleinen Reihe über unsere Reise nach Norwegen 2024:

  1. Vorbereitung, Anreise und Ankommen
  2. Schreie und Schiffe
  3. Skisprung und Schloss
  4. Peace is Power
  5. Heimreise und Epilog

Teil 3: Skisprung und Schloss

Heute können wir uns nur sehr schwer von unserer Wohnung trennen, denn es regnet wirklich in Strömen. (Leider nicht zum letzten mal.) Als das Wetter sich zumindest ein wenig stabilisiert, machen wir uns auf zum Frognerseteren über dem Holmenkollen.

Hier oben gibt es im Ausflugslokal die vielleicht beste, wenn auch im historischen Gebäude nicht barrierefreie, Aussicht über Oslo und den Fjord, die wir bei Kaffee und Kuchen ausgiebig genießen.

Auf dem Weg zurück in die Stadt machen wir kurz halt an der Skisprungschanze Holmenkollbakken, die uns mehr beeindruckt als erwartet. Tief in eine stadionähnliche Konstruktion, die sich leicht auf mehr als 10000 Zuschauer schätzen lässt, mündet der Auslauf der Sprungschanze. Man kann sich gut vorstellen, wie die Norweger hier in der Wintersaison ihren Nationalsport feiern.


Am nächsten Tag buchen wir relativ kurzentschlossen Tickets für die Führung im Osloer Schloss. Zufällig werden wir dabei Zuschauer der Wachablösung, die wir persönlich überhaupt nicht auf dem Zettel hatten.

Mit Rollstuhl wird das Schloss zum besonderen Erlebnis, denn die Umwege zu versteckten Aufzügen zusammen mit dem Sicherheitspersonal führen durch die Katakomben mit der Kantine und durch Räume, die nicht für Besucher offen stehen.

Der englischsprachige Guide ist gut auf ausländische Besucher eingestellt, steigt tief in die Geschichte der historischen und modernen norwegischen Monarchie ein, und weist an der offenen Balkontür mit Blick über die Karl Johans Gate, die Osloer Hauptstraße, darauf hin, dass einheimische Gäste hier oben typischerweise Schnappatmung bekommen.

Auf eben dieser Karl Johans Gate gönnen wir uns nach der Schlossführung ein reichlich verspätetes Mittagessen.


Dieser Blogpost ist Teil einer kleinen Reihe über unsere Reise nach Norwegen 2024:

  1. Vorbereitung, Anreise und Ankommen
  2. Schreie und Schiffe
  3. Skisprung und Schloss
  4. Peace is Power
  5. Heimreise und Epilog

Teil 2: Schreie und Schiffe

Unseren ersten Tag in Oslo widmen wir dem Munch-Museum. Ob es sich hier wirklich um das größte Einzelmuseum der Welt handelt, kann ich nicht beurteilen, sicher ist jedoch, dass es sich um ein sehr großes Museum mit 12 Stockwerken handelt, mit einem Eingangsbereich in der Größe eines kleineren Flughafenterminals.

Ähnlich wie am Flughafen verhält es sich bei Munch auch mit der Sicherheit. Auf der Homepage finden sich relativ strikte Richtlinien, was mitgebracht werden kann, und bevor man in den Bereich der Ausstellungsräume darf, die ihrerseits hermetisch abriegelbare Hochsicherheitstrakte zu sein scheinen, werden natürlich auch die Taschen kontrolliert.

Edvard Munch selbst, von dem viele wohl nur den „Schrei“ (Originaltitel tatsächlich deutsch „Geschrei“) kennen, kommt zumindest bei mir eher gemischt rüber. Unangenehme Esoterik von Sonne und Kosmos über die merkwürdige „Kristallisationstheorie“ und Freikörperkultur bis hin zum milde verstörenden Alpha- und Omega-Zyklus steht einem unglaublich düsteren Werk aus Depression, Angst und Psychose gegenüber.

Der „Schrei“ als wohl unbestrittener Höhepunkt des Museums, wird in einer Rotation von 3 Versionen ausgestellt, offiziell um die empfindlichen Exponate vor Lichteinfall zu schützen. Wird die robuste Lithografie endlich durch das Gemälde ersetzt, bildet sich ein gänzlich unkultiviertes Gedränge, aber mit etwas Geduld haben wir es tatsächlich ganz nach vorne geschafft.

In den oberen Stockwerken schließt eine Ausstellung mit Werken anderer Künstler an, in denen Parallelen zu Munchs Werk zu erkennen sind. Besonders gut gefallen hat mir hier „Melkeveien / The Milky Way“ von Rolf Nesch, das sich mit seinem dreidimensionalen Materialmix jedem Versuch entzieht, sinnvolle Fotos davon zu machen.


Am nächsten Tag fahren wir rüber auf die Museumsinsel Bygdøy. Sehr sprechend benannt sind hier im Frammuseum das Forschungsschiff Fram und im Kon-Tiki-Museum das Floß Kon-Tiki ausgestellt.

Die Geschichte der Polarexpeditionen war bisher nicht meins und wird es vermutlich auch nicht, aber es gäbe hier wirklich eine Menge an Informationen aufzusaugen, wer wie lange im Packeis überwintert hat, wohin getrieben wurde, und welche Folgeexpedition auf welchen Erfahrungen anderer Expeditionen wie aufgebaut hat.

In Erinnerung ist mir zumindest geblieben, dass Fridtjof Nansen geglaubt hatte, es würden sich schon reichlich kompetente Bewerber für die Teilnahme an der Expedition finden. Stattdessen bekam er neben tausenden Bewerbungen unqualifizierter Glücksritter nur die eines jungen Arztes frisch von der Universität und eines Reserveoffiziers, die dann auch tatsächlich Teil der Mannschaft wurden.

Einigermaßen faszinierend: Die Fram hatte nicht nur eine Dampfmaschine (auf der zweiten Expedition dann einen Diesel) an Bord, sondern auch ein batteriegepuffertes Stromnetz (das mit der Batterie entnehme ich zumindest den Beschriftungen der Schalttafel), das in der Zeit im Packeis von einem am Mast angebrachten Windgenerator betrieben wurde. Das alles am Ende des 19. Jahrhunderts.

Gleich gegenüber begrüßt einen das Kon-Tiki-Museum fast schon in der Jetztzeit, denn erst um die Mitte des 20. Jahrhunderts fuhr der Anarcho-Anthropologe Thor Heyerdahl mit seinen selbstgebauten Booten über die Ozeane, hatte als Backup-Verpflegung Fresspakete der US-Army dabei und die Welt hörte seinen Kurzwellen-Funkverkehr mit.


Etwas später stehen wir in der Innenstadt vor dem Dach der Oper und sind enttäuscht. Dass die schiefe Ebene mit dem Rollstuhl kein Kinderspiel sein würde, war im Bereich des erwarteten, aber dass es keinerlei Handreichung gibt, um ohne vorausgehende Erkundung die Serpentinen auf dem Dach erkennen und befahren zu können, ist enttäuschend. So sitzen dann auch gleich mehrere handbetriebene Rollstuhlfahrer am Fuß des Dachs und warten darauf, dass ihre Reisebegleitung von oben zurückkommt.


Dieser Blogpost ist Teil einer kleinen Reihe über unsere Reise nach Norwegen 2024:

  1. Vorbereitung, Anreise und Ankommen
  2. Schreie und Schiffe
  3. Skisprung und Schloss
  4. Peace is Power
  5. Heimreise und Epilog

Teil 1: Vorbereitung, Anreise und Ankommen

Es gibt so viel zu sehen. Es gibt immer viel zu sehen. Und hat man erst einmal angefangen, sich, vorsichtig gesagt, auf ein Reiseziel ein wenig zu spezialisieren, erkennt man erst, was man alles noch nicht gesehen hat. Also auf nach: Norwegen.

Nach den beiden Urlauben mit großen Tagesausflügen um Åndalsnes und Bergen haben wir uns 2024 für einen reinen Städteurlaub in Oslo entschieden.

Viel vorzubereiten gibt es nicht mehr:

  • Die Maut wird vom norwegischen Autopass-System in Rechnung gestellt. Da das Auto aus dem Vorjahr noch als Elektroauto registriert ist, gibt es keinen Handlungsbedarf.
  • Fjordfähren werden diesmal voraussichtlich keine(!) benutzt, aber selbst wenn, wäre die Registrierung bei FerryPay bereits vorhanden.
  • So sehr ich in Deutschland mit EasyPark unzufrieden bin und lieber Alternativen nutze, ist es doch die beste Wahl fürs unkomplizierte Parken in Norwegen. (Zum Parken in Oslo gibts später noch einen kleinen Exkurs.)
  • Fürs Laden auf der Langstrecke schließen wir ein einmonatiges Abo bei Ionity ab.

Wir buchen eine Überfahrt mit Colorline von Hirtshals an der nördlichen Spitze Dänemarks nach Larvik am Eingang des Oslofjord. Von dort aus soll es weitergehen zu einer barrierefreien Ferienwohnung auf dem Lande, etwas östlich von Oslo, in der Einflugschneise des Flughafens Gardermoen.

Der Weg nach Hirtshals ist einfach (vor der Tür auf die Autobahn und dann ohne Abbiegen immer nach Norden) aber verflixt weit (knapp 1000 km), die Fähre legt um 12:45 ab, wir planen bis zur Fähre ca. 12 Stunden Reisezeit ein und machen uns um Mitternacht auf den langen Weg.

Nach einem etwas früh eingelegten Ladestopp um 02:30 (Rasthof Harz) kommen wir noch vor Sonnenaufgang an Hamburg vorbei. Um 05:30 laden wir bereits nördlich von Hamburg (Rasthof Brokenlande), und um 08:30 gibt es Kaffee bei McDonalds am dritten und letzten Ladestop (Ionity Skanderborg).

Punkt 11:00 stehen wir am Fährterminal in Hirtshals, legen um 12:45 ab und schlagen uns auf der Fähre vom feinsten den Magen am mitgebuchten All-you-can-eat-Buffet voll. 2 Stunden nach dem Anlegen um 16:30 sind wir am Ort unserer Ferienwohnung und essen dort eine Kleinigkeit bei einem amerikanischen Spezialitätenrestaurant, während das Auto vor der Tür noch einmal für den nächsten Tag lädt.


Dieser Blogpost ist Teil einer kleinen Reihe über unsere Reise nach Norwegen 2024:

  1. Vorbereitung, Anreise und Ankommen
  2. Schreie und Schiffe
  3. Skisprung und Schloss
  4. Peace is Power
  5. Heimreise und Epilog